Kunstkrimi mit Ferdinand Wagner Porträts in Schwabmünchen
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veröffentlicht am: 16. Oktober, 2025
Beschreibung:
Kunst-Krimi geht weiter: Ferdinand Wagners „Dame in Schwarz“ bekommt ihren Namen zurück
Durch mehrere Zufälle gelang es Mitarbeitern von Museum und Galerie der Stadt Schwabmünchen das Geheimnis um die Vergangenheit einer unbekannten porträtierten Dame zu lüften. Aufklärung brachte der Kauf eines weiteren Wagner-Gemäldes.
Im August 2023 titelte die Schwabmünchner Allgemeine: „Dame in Schwarz: Das Bild ist für Experten eine Sensation“. Museumsmitarbeiterin Alina Krüger war es damals gelungen, bei einer Auktion ein seltenes Porträtgemälde des Schwabmünchner Malerfürsten Ferdinand Wagner (1819-1881) zu ersteigern. Das Bild zeigt eine sitzende junge Dame in weißer Bluse und schwarzem Kleid, geschmückt mit einer roten Perlenkette. Bei der Auktion wurde auch noch ein weiteres Wagner-Porträt angeboten. Dieses stellte einen „Jüngling“ mit blau-weiß gestreifter Weste, schwarzem Anzug und adrett geknotetem Halstuch dar. Der „Jüngling in Schwarz“ konnte damals nicht vom Museum erworben werden und wurde nach Berlin verkauft. Und trotz intensiver Recherche von Museumsmitarbeiterin Alina Krüger blieb die Identität der vermeintlichen Eheleute bis zum aktuellen Jahr unbekannt.
Dann gab es den ersten Glücksfall: Im Februar 2025 wurde in einem bekannten Online-Verkaufsportal ein weiteres Porträt Ferdinand Wagners angeboten. Dieses Werk war rückseitig beschriftet und gab somit einen Hinweis auf den Dargestellten: Anton Herele. Kurioserweise stammte das Gemälde aus einer Haushaltsauflösung im weit entfernten Nordrhein-Westfalen. Nach dem Kauf des Porträts wurde die Geschichte jedoch noch kurioser: Eine Aktenrecherche ergab, dass sich das Gemälde des Anton Herele bereits in den 1980er Jahren einmal für eine Sonderausstellung im Museum befunden hatte. Schon damals hatten es die Kuratoren der Ausstellung von einer Frau aus Nordrhein-Westfalen geliehen, die nun, 40 Jahre später, wohl verstorben war und das Porträt bis zu ihrem Tode behalten hatte. Weitere Recherchen bestätigten, dass die Frau eine Nachfahrin der Schwabmünchner Familie Herele gewesen war.
Das Abbild von Anton Herele, der im 19. Jahrhundert Bezirkstierarzt, Mitglied der Liedertafel und wohl auch Bürgermeister von Schwabmünchen war, ergänzt nun die Sammlung von Museum und Galerie. Und an dieser Stelle könnte die Geschichte eigentlich zu Ende sein. Wenn sich nicht zwei Männer an die Erforschung ihrer Familiengeschichte gemacht hätten: Richard Bauer und Walter Grünfelder, ihres Zeichens ebenfalls Nachkommen der Familie Herele. Ihre Familienforschung brachte sie im Juli 2025 in Kontakt mit dem Schwabmünchner Museum. Sie waren auf der Suche nach einem verschollenen Gemälde – sozusagen nach einem Familienschatz. Beinahe waren sich die Herren sicher, dass das gesuchte Gemälde des Künstlers Ferdinand Wagner bei dem Bombenangriff auf Schwabmünchen im Jahr 1945 zusammen mit dem Herele-Haus in der Ferdinand-Wagner-Straße in Flammen aufgegangen war. Aber vielleicht gab es ja doch noch eine Chance darauf, das Bild wiederzufinden? Vielleicht, so war ihre Überlegung, hatten Mitglieder der Familie Herele vor dem Krieg die Stadt verlassen und das Porträt mitgenommen?Alina Krüger gab gerne Auskunft über das erst kürzlich von ihr erworbene Ölgemälde des Anton Herele. Die Freude der beiden Herren war groß! Doch: Eigentlich suchten sie ein anderes Porträt. Es sollte den ehemaligen Bürgermeister Franz Borgias Herele zeigen, den Urururgroßvater der Herren Bauer und Grünfelder. Schon seit Jahren waren die beiden mit der Aufarbeitung ihrer Familiengeschichte beschäftigt und hatten dazu auch mit Hilfe des Stadtarchivs Schwabmünchen recherchiert. So konnte Herr Bauer bereits herausfinden: Franz Borgias Herele (1798-1848) bekam mit seiner ersten Frau Aloisia Herele, geb, Behe (1798-1826) u.a. den Sohn Julius Herele (1824-1903) und mit seiner zweiten Frau Genofeva geb. Riedele (1800-1848) den gemeinsamen Sohn Anton Herele (1828-1897). Herr Bauer und Herr Grünfelder gehören beide der Linie des Julius Herele an.
Doch wie ging es nun mit dem gesuchten Gemälde weiter? – Ganz einfach: Das zerstört geglaubte Porträt war Alina Krüger ebenfalls gut bekannt. Denn sie hatte es bei der Auktion 2023 gesehen. Nachdem Herr Bauer ein Foto des vermissten Gemäldes geschickt hatte, stand fest: Es handelte sich um den „Jüngling in Schwarz“!
Spätestens ab diesem Punkt waren alle Beteiligten hellauf begeistert und recherchierten weiter: Ja, Mitglieder der Familie Herele hatten Schwabmünchen vor Kriegsende verlassen und sich in Nordschwaben ein neues Heim gesucht. Dort fand 2023 die Wohnungsauflösung statt, aus der die beiden Porträts in das Augsburger Auktionshaus gelangten. Die Porträts waren jedoch auf das Jahr 1851 datiert – viel zu spät also, um Alt-Bürgermeister Franz Borgias Herele und seine Frau darstellen zu können, die beide im Jahr 1848 verstorben waren. Stattdessen passten nur die Lebensdaten von zwei Mitgliedern der Familie Herele zu den Dargestellten: Jene von Julius Herele (1824-1903) und seiner Frau Maria Herele geb. Rauch (1830-1886), die im Jahr 1850 in Untermeitingen geheiratet hatten. Zwei Jahre nach dem Erwerb des Damen-Porträts war es dem Museum also tatsächlich gelungen, das Geheimnis zu lüften: Die „Dame in Schwarz“ ist Maria Herele! Damit hat das Schwabmünchner Museum nun zwei verschwägerte Hereles in seiner Gemäldesammlung. Die Herren Bauer und Grünfelder hatten hingegen endlich die Gewissheit, dass die Gemälde ihrer Vorfahren den Zweiten Weltkrieg überdauert haben.
Das Porträt des Julius Herele befand sich jedoch im Juli 2025 noch immer unerreichbar bei dem Privatsammler in Berlin – dieser wollte es nach wie vor nicht verkaufen. Alina Krüger stellte also den Kontakt zwischen Herrn Bauer und dem Privatsammler her und alle Beteiligten hofften, dass es dem Herele-Nachfahren ob dieser spannenden Familiengeschichte und Gemäldegesuche gelingen würde, das Porträt seines Ururgroßvaters zurückzuholen. Einige Wochen geschah nichts. Dann erhielt Alina Krüger Ende August 2025 endlich die Nachricht: Herr Bauer war nach Berlin gereist. Er hatte mit dem Sammler gesprochen. Und tatsächlich hatte sich dieser zum Verkauf überreden lassen. Richard Bauer war mit dem Porträt des Julius Herele nach Schwaben zurückgekehrt!
Nur im Rahmen von Sonderausstellungen werden die porträtierten Hereles in Museum und Galerie der Stadt Schwabmünchen nun wieder zusammenfinden können. Denn nach diesem Kunst-Krimi wird sich Herr Bauer sicherlich nie wieder auf lange Zeit von seinem Familienschatz trennen. Museum und Galerie freuen sich bereits auf die zukünftige Wiedervereinigung der Hereles und wünschen Herrn Bauer und Herrn Grünfelder auch bei ihrer weiteren Familienforschung viel Erfolg.
Bild 1: Ferdinand Wagners „Dame in Schwarz“, die durch eine Auktion 2023 in die Sammlung von Museum und Galerie kam.
Bild 2: Das Porträt des Anton Herele, einst Bezirkstierarzt und Mitglied der Liedertafel Schwabmünchen, erwarb das Museum im Februar 2025.
Bild 3: Der „Jüngling in Schwarz“ wurde bei der Auktion 2023 nach Berlin verkauft. 2025 konnte er durch die Vermittlung des Museums von einem Nachkommen der Familie Herele zurückgekauft werden.
Fotos: Alina Krüger